Regenzeit in Trinidad

Wie könnt ihr bloß so verrückt sein, am 16. Juli von Isla Margarita aus gegen Markttag in Port of SpainStrom und Welle nach Trinidad zu fahren? Jeder einigermaßen „normale Segler“ ist um diese Jahreszeit froh, wenn er die von Tropical Waves gebeutelten Leeward Inseln hinter sich gelassen hat. Isla Margarita und die venezuelanische Festlandküste liegen am Rand der Zugbahnen der Tropical Waves und werden nur ab und zu von einer gestreift. Man lebt dort auf jeden Fall ruhiger, trockener und geschützt vor den gefürchteten Hurrikanen. Warum also motoren wir 12 Std. zu den Testigos und am Mittag weiter nach Südost in Richtung Trinidad? Das ist schnell erklärt: Im Januar haben wir von der Firma Echo Marine in Trinidad einen Watermaker Motor nach St. Martin geliefert bekommen, der aber nie richtig funktioniert hat. Auf diesen Motor haben wir noch Garantie und wollen das komplette Watermakersystem einschließlich Membrane überprüfen lassen. Für so ein Angebot, kostenlos auf Garantie, endlich einen funktionierenden Watermaker zu haben, dafür muss man schon mal Unbequemlichkeiten in Kauf nehmen. 25 Meilen vor Trinidad kommen wir morgens um 5 Uhr dann auch noch in den Genuss der angekündigten Tropical Wave, die mit bis zu 35 Knoten und heftigem Regen 1 Stunde über uns hinwegfegt. In weiser Vorausschau haben wir beide Segel eingerefft und müssen nicht nach West ablaufen. In den Golf de Paria steht eine 2 Meter hohe Welle von Nordost und wir sind froh, endlich in die Landabdeckung von Trinidad und die Chaguaramas Bucht zu kommen. An der Boje der YSATT (Yacht Service Assocciation Trinidad Tobago) liegen wir für 30 TT$ (5 US$) in der Nacht ruhig und sicher. Doch am nächsten Morgen werden wir durch heftiges Schaukeln des Schiffes um 5.30 Uhr geweckt. Erneut geht eine Tropical Wave durch und bringt bis zu 1,50 hohe Wellen in das nach Süden offene Anker- und Bojenfeld. Diese "Miss Germany traf ich auf dem Markt in Port of SpainAuch die nach Süden offenen Marinas, wie Peaks, Power Boat und Coral Cove bekommen den Schwell ungebremst ab und die Schiffe tanzen an den Bojen und zwischen den Dalben wie wildgewordene Pferde auf und ab. Die Wave wird von monsunartigen Regenfällen begleitet. Unsere Mooringleine scheuert sich kontinuierlich durch und bei dem Versuch, eine 2. Leine durch den Ring zu ziehen, rutscht die 1. Leine durch und wir suchen hinter der Insel Gaspar Grande Schutz vor dem Schwell. Gut für uns, das die Leine rausgerutscht ist, wir liegen für die nächsten 5 Std. auf 20 Meter Wassertiefe ruhig, können in aller Ruhe frühstücken und unseren Watermakermotor ausbauen. Ganz problemlos führt Echo Marine die Überprüfung, den Austausch des Motors und der Membrane auf Garantie durch. Weil aber gerade Freitag ist, bekommen wir alle Teile allerdings erst am Dienstag zurück, aber gut Ding braucht eben Weile. In der Scotlandbay, der Bucht mit den Brüllaffen nur 5 Meilen entfernt von Charguaramas, ist das Wasser so sauber, dass wir den Watermaker ausgiebig testen können. Er läuft ganz toll, 70 l in der Stunde, was schon wieder unnormal ist. Der Grund ist das vom Orinocco „versüßte“ Brackwasser. Doch unser Wasser hat noch ein „G’schmäckle“, der Mitarbeiter von Echo Marine spuckt es gleich wieder aus, als wir es zum verkosten vorbeibringen. So bekommen wir noch einmal eine neue Membrane, tauschen die 5 µm und 20 µm Filter aus, erneuern auch noch die Zuleitungen und jetzt schmeckt das entsalzte Wasser so gut, dass wir in Zukunft wohl gar kein Bier mehr bunkern brauchen. In der Zwischenzeit bringen wir auch noch die schon lange fällige Reparatur des Sicherheitsventils am Gasherd mit Hilfe der guten Ratschläge von Hans Rudi (SY Verena) erfolgreich hinter uns. Mit Hans Ruedi und Vreni hatten wir im letzten Jahr die Reise nach Merida gemacht und waren sehr erfreut, dass wir sie hier noch einmal getroffen haben. Bei einem zünftigen Vesper mit dem herrlichen Schwartenmagen aus der Metzgerei Werner Ammann in Hüttisheim gab es viel aus der vergangenen Segelsaison zu erzählen. Den typisch deutschen Schartenmagen hatten unsere alten Segelkameraden vom Bodensee, Anni und Hermann Württemberger aus Hüttisheim, Jochen für uns nach Venezuela mitgegeben. Vielen Dank dafür, von solchen Köstlichkeiten träumen wir schon hin und wieder hier in der Karibik. Nachdem nun alle Reparaturen und Besorgungen soweit erledigt sind und wir nur noch auf die Ersatzteile für unseren Fortress-Anker und auf Pinoccio-Peter’s Ersatzteile warten, machen wir doch noch einen Inselausflug.

Ein ganz großes Dankeschön möchten wir an dieser Stelle dem TO Stützpunktleiter Andreas (Andy) Kretzschmar aussprechen, der sich sofort bereit erklärt hat, uns bei der Abholung der Ersatzteile für Peter’s Generator behilflich zu sein. Er wird jetzt noch ein 3. Mal bei der Firma in Couva (40 km von Chaguaramas entfernt) vorbeifahren, um dann hoffentlich dieses Beschaffungsdrama zu einem erfolgreichen Ende zu bringen. Die Teile werden genau wie unsere Ankerteile nicht vor dem 11.08. in Trinidad eintreffen. Irgendeinem Schiff, das danach nach Venezuela fährt, wird er die Sachen dann mitgeben. Das ist der so genannte Segler-Parcel-Sofort-Service. Am Donnerstagabend brechen wir dann fluchtartig in Richtung Isla Margarita auf, der ständige Regen hier in Trinidad geht uns ganz schön auf die Nerven. Der Wind ist mit 10 Knoten leider zu schwach zum Segeln, doch der Strom und die Maschine schieben uns mit 7 Knoten Fahrt über Grund in 22 Std. zurück nach Porlamar. Aus Sicherheitsgründen legen wir den Kurs im Abstand von 15 Meilen zur Festlandküste und fahren ohne Licht, damit wir nicht von irgendwelchen bösen Menschen gesehen und überfallen werden. Selbstverständlich gehen wir Wache und beobachten auf dem Radar den Schiffsverkehr um uns herum.

Wieder in Porlamar holt uns schon wieder ein kräftiger Regenschauer ein, hier hatte es seit 2 Wochen nicht geregnet. Nachdem wir uns mit Lebensmittel und Getränken gut verbunkert haben, geht es am Freitag 10.08. weiter nach Puerto la Cruz in die TMO Marina, um von dort mit dem Bus ins Inland, Gran Sabana oder die LLanos, zu reisen.

Die Schildkröten sind während der Eiablage in einem Trancezustand, sie werden durch das Fotografieren und Anfassen, allerdings nur in dieser Phase, nicht gestört. Die Kleinen spüren anhand der Temperatur, wann es Zeit ist ,das Nest zu verlassen. Der heisse Sand und die Raubvögel würden ihnen am Tage nur wenige Überlebenschancen einräumen.
Neben den diversen Arbeiten am Schiff, (links Hans Ruedi und Helmut am Gasherd), gab es auch Abwechslung. So stand ganz Port of Spain Kopf, als das amerikanische Atom-U-Boot USS Albuquerque einlief. Roger von SY Opa und Oma ist nach dem Marktbesuch geschafft.

Ein Erlebnis der besonderen Art ist er dann auch, der Nachtausflug zur Schildkrötenbucht, der um 17 Uhr abends startet. Die Matuba Bay liegt an der Ostküste, also der Atlantikseite, von Trinidad. Der kilometerlange Sandstrand, an den der Regenwald bis auf wenige Meter heranreicht, wird jedes Jahr von Mai bis August von Hunderten von Lederrückenschildkröten Nacht für Nacht zur Eiablage aufgesucht. In manchen Nächten sind bis zu 80 Schildkröten registriert worden. Zum Schutz der bis zu 2,70 Meter langen und zwischen 350 bis 900 kg schweren Leatherbackturtles darf der Strand nur mit Führer begangen werden. Weißes Licht ist nur erlaubt, wenn die Schildkröten mit der Eiablage begonnen haben, dann sind sie in einem Trancezustand und nehmen ihre Umgebung nicht mehr wahr. Sie können gewogen, vermessen und mit Mikrochips zur Identifizierung versehen werden. Das ist der Moment, wo man dann Fotos machen und die Schildkröten sogar streicheln darf. Die Haut außerhalb des Panzers fühlt sich samtig weich an. Es ist beeindruckend, wie in der Natur alles so wunderbar harmonisch und praktisch eingerichtet ist. Schwerfällig schieben sich die gepanzerten Reptilien unter allergrößter Kraftanstrengung aus dem Wasser über 15 Meter weit den Sandstrand hinauf. Der Abstand zum Wasser ist wichtig, damit die Nester nicht ausgespült werden können. Mit den beiden vorderen Flossen heben die massigen Tiere eine Kuhle aus, graben dann kunstvoll mit den beiden rückwärtigen Flossen wie mit Schöpfkellen ein etwa 50 cm tiefes rundes Loch. Wenn das alles vorbereitet ist, beginnen sie mit dem Pressen, was ein ungeheurer Kraftakt für sie bedeutet und sie in einen rauschähnlichen Zustand versetzt. Während die bis zu 100 tennisballgroßen Eier in das vorbereitete Loch gedrückt werden, legen sie die beiden rückwärtigen Flossen schützend über das Loch. Anschließend schaufeln sie mit diesen Flossen Sand auf die Eier und klopfen jede Lage sorgfältig fest, bis das Loch mit dem umgebenden Sand ebenerdig ist. Danach wirbeln sie mit den vorderen Flossen solange Sand auf, bis die gesamte Kuhle zugefegt ist, der Nestplatz ist jetzt nicht mehr als solcher zu erkennen. Der mühsame Rückweg ins Wasser beginnt. Wir haben das Glück, dass wir im hellen Vollmondlicht 4 Leatherbackturtles in jedem Stadium der Eiablage beobachten können. Aus einem vor 60 Tagen gelegten Nest schlüpfen gerade kleine Schildkröten heraus, die wir in die Hand nehmen und streicheln dürfen. Sie rudern wie wild mit ihren kleinen Flossen und wollen nur ins Meer. Die Führer zählt anschließend sehr genau nach, dass auch ja niemand so einen kleinen niedlichen Krabbler mit nach Hause nimmt. Der Artenschutz ist bitter notwendig, wenn man folgendes bedenkt: Die Leatherbackschildkröte beginnt erst im Alter von 25 Jahren damit Eier zu legen und macht das nur alle 2 – 3 Jahre. Nur etwa 25 % der gelegten Eier schlüpfen aus, die kleinen Krabbler sind dann von allen möglichen Feinden bedroht und werden gefressen. Nur ca. 2 % der geschlüpften Tiere erreichen das Erwachsenenalter. Für uns haben sich die 5 Stunden Fahrzeit hin und zurück quer über die ganze Insel auf jeden Fall gelohnt.

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